Wie ein Barcamp alle zu wertvolle(re)n Menschen gemacht hat

Am 6.5.2023 fand der Branchentreff Literatur unter dem Motto Ich bin wertvoll – auf dem Weg zu einer solidarischen und selbstfürsorglichen Arbeitsweise im Podewil statt.

Das ‚verflixte 7. Mal‘ – es war der siebte Branchentreff und ein gelungenes Experiment. Wie die letzten Jahre auch bot der Branchentreff, Autor*innen, Übersetzer*innen, Lektor*innen und anderen Solo-Selbständigen der Literaturbranche Raum und Zeit, sich auszutauschen, zu lernen und Wissen und Perspektiven zu erweitern. Anders als in den letzten Jahren, stand im Zentrum des diesjährigen Branchentreffs ein Barcamp, das die Teilnehmenden mit ihren eigenen Themen, Interessen und Fragen füllen konnten.

Das Motto „Ich bin wertvoll – auf dem Weg zu einer solidarischen und selbstfürsorglichen Arbeitsweise“ wurde praktischerweise gleich im Format der Veranstaltung umgesetzt. Denn das Barcamp hat alle – Organisator*innen, Moderator*innen, Helfer*innen und Teilnehmer*innen zu wertvoller(re)n Menschen gemacht, die eigene Selbstwirksamkeit gestärkt und gezeigt, wie Solidarität und vernetztes Lernen funktionieren.

Für die meisten Anwesenden war es das erste Barcamp, wie die Abfrage des moderierenden Duos Katy Derbyshire und Alexander Lehnert bei der Eröffnung ergab. Die fröhlich-neugierige Stimmung der beiden auf der Bühne sprang schnell auf das Publikum über, sodass die Schlange derjenigen, die eine Session anbieten wollten, sich immer wieder wie von selbst verlängerte und der Zeitplan sich schnell füllte – die Planung lief kreativ, pragmatisch und konstruktiv. Und das Themenspektrum war breit. Es ging

  • um grundsätzliche Gerechtigkeitsfragen – um Klassismus im Literaturbetrieb, die Möglichkeiten des kollektiven Verhandelns für Solo-Selbstständige oder die Gründung einer literarischen Produzent*innengenossenschaft, die Gestaltung eines nachhaltigen Literaturbetriebs
  • um Arbeitsbedingungen und ihre Entwicklung – mit der Frage nach KI und Literatur, neue Aktionsformen für Literatur, die Beziehung zwischen Autor*in und Lektor*in
  • um Vernetzung – mit Überlegungen zu mehrsprachigen Literaturveranstaltungen, das Sichtbarmachen von Sexismus, Rassismus und Queerfeindlichkeit im Literaturbetrieb, die Gründung einer Schreibgruppe
  • um praktische Fragen und gegenseitige Unterstützung – zur Frage, wie man eine Convention organisiert, über die Literaturförderung der Zukunft, die Entwicklung von Schriftsteller*innen-Personas, Elternschaft im Literaturbetrieb

Beim Branchentreff-Barcamp konnten die Teilnehmenden erleben, dass das Barcamp-Format sich super eignet, Menschen ins Gespräch zu bringen, Interessen zu bündeln und sich insgesamt sehr wertvoll zu fühlen, einfach weil sich jede*r in dem Maße und mit den Fragen einbringen konnte, die für sie an diesem Tag passten.

Es hat gezeigt, wie wertvoll das Zusammenwürfeln von Menschen sein kann, die sich den Tag über gegenseitig befruchteten, motivierten, inhaltlich/methodisch usw. unterstützten. ‚Vernetzung rules‘ auf einem Barcamp und das Vernetzen von Solo-Selbstständigen war von Anfang an ein Kernanliegen des Branchentreffs Literatur. Das Barcamp hat in diesem Jahr einen perfekten Raum dafür geboten und die Teilnehmenden und Organisator*innen haben es mit ihren Ideen und Erfahrungen zu einem großen Pool der Möglichkeiten gemacht.

Eingerahmt wurde das Barcamp mit zahlreichen weiteren Seminaren und Workshops, die intensiv gebucht und genutzt wurden. Toll, dass es Institutionen wie die Lettrétage Berlin gibt, die sich seit Jahren für die Belange der Solo-Selbstständigen der Berliner Literaturszene einsetzen.

Fotos von © Natalia Reich

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